Kreditverträge
Aufklärungspflichten beim Abschluss von Kreditverträgen
Am 19.12.2017 hat der Bundesgerichtshof entschieden, dass eine Bank beim Abschluss eines Finanzierungsvertrages verpflichtet ist, über die spezifischen Nachteile und Risiken und die vertragsspezifischen Besonderheiten der von ihr empfohlenen Finanzierungsform aufzuklären.
Weist die Bank auf die mit der konkreten Finanzierung verbundenen besonderen Risiken nicht ausreichend deutlich hin, ist sie dem Darlehensnehmer zum Schadensersatz verpflichtet.
In dem vom Bundesgerichtshof (BGH) entschiedenen Fall (XI ZR 152/17) hatte eine Gemeinde aus Nordrhein-Westfalen mit der beklagten Bank einen sogenannten strukturierten Darlehensvertrag mit einer Laufzeit von 38 Jahren abgeschlossen. Das Besondere war, dass der Zinzssatz in Abhängigkeit vom Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken vereinbart worden war. Der Kreditbetrag im Gegenwert von etwas mehr als 3 Mio. €, wurde in Schweizer Franken ausgezahlt. Gleichzeitig war vereinbart, dass der Kredit in den ersten 20 Jahren zu 3,99 % p.a. verzinst wird, solange der Wechselkurs des Euro zum Schweizer Franken bei 1,43 oder höher liegt. Sinkt der Wechselkurs unter 1,43 sollte der Zins bei 3,99 % p.a. zuzüglich der Hälfte der Wechselkursveränderung liegen. Bei einem Wechselkurs von 1,40 bedeutete dies bereits einen Zins von 5,06 % p.a. Zum Zeitpunkt des Abschlusses des Darlehensvertrages lag der Wechselkurs noch bei 1,64. Aufgrund des massiven Wertverfalls des Euro zum Schweizer Franken lag der Zins zuletzt bei 18,99 %.
Für die Gemeinde bedeutet dies zum einen eine extrem hohe Zinsverpflichtung, zum anderen aber auch eine massive Erhöhung der Zahlungsverpflichtungen aufgrund der Veränderung des Wechselkurses.
Da die Bank anhand von Tabellen der Gemeinde die Entwicklung des Zinssatzes zur Entwicklung des Wechselkurses dargestellt hatte, verneinten das Landgericht Berlin in 1. Instanz und dann auch das Kammergericht Berlin in der Berufungsinstanz Schadensersatzansprüche.
Der BGH sah das nun anders: Zwar vertrat er ebenso wie das Kammergericht die Auffassung, dass der Kreditvertrag nicht sittenwidrig sei, trotz der extrem hohen Zinsbelastung. Denn maßgeblich für die Bewertung der Sittenwidrigkeit sei der Zins zum Zeitpunkt des Abschlusses des Kreditvertrages. Dieser lag seinerzeit bei 3,99 % p.a. und war damit marktüblich.
Der BGH kam aber zu dem Ergebnis, dass die Bank der Gemeinde die Risiken der wechselkursbasierten Zinszahlungsverpflichtung nicht hinreichend deutlich gemacht hatte. Denn die Bank hatte zum einen nicht darauf hingewiesen, dass es keine Obergrenze für die Zinsen gibt. Zum anderen wurde das – schon wegen der langen Laufzeit – bestehende Risiko einer deutlichen Aufwertung des Schweizer Franken zum Euro nicht ausreichend deutlich beschrieben. Im Gegenteil, die Bank hatte nach Auffassung der BGH-Richter das Wechselkursrisiko verharmlost, indem sie mit der Währungspolitik der Schweizer Nationalbank argumentiert hatte.
Der BGH sah darin nun eine zum Schadensersatz verpflichtende Aufklärungspflichtverletzung und hob das Urteil des Kammergerichts Berlin auf. Gleichzeitig verwies er die Sache an das Kammergericht zurück, das nun noch den Schaden feststellen muss. Dabei hat das Gericht zu ermitteln, welche Mehrkosten der klagenden Gemeinde durch die Wahl der komplexen Finanzierungsvereinbarung entstanden sind.
Das Urteil zeigt einmal mehr, dass gerade bei Fremdwährungskrediten, also bei Finanzierungen in ausländischer Währung, oder bei Vereinbarungen über komplexe Zinsbedingungen der Beratungsbedarf bei den Kreditnehmern sehr hoch ist und die Banken auch gegenüber Nichtverbrauchern, also Gemeinden und Unternehmen, in der Pflicht sind, auf die besonderen Risiken der empfohlenen Finanzierung deutlich hinzuweisen. Machen sie das nicht oder nicht ausreichend, sind sie zum Ersatz des dadurch entstandenen Schadens verpflichtet.
Zu beachten ist, dass diese Ansprüche spätestens 10 Jahre nach Vertragsschluss verjähren.