Prämiensparverträge
Zinsforderungen für Kunden von Sparkassen und Volks- und Raiffeisenbanken
Zwischen 1992 und 2006 boten bundesweit Sparkassen und Volksbanken ihren Kunden Sparverträge an, bei denen die Kunden neben einer variablen Verzinsung eine über die Jahre steigende Prämie in Höhe eines Prozentsatzes der jährlichen Sparraten erhalten konnten.
Verträge der Sparkassen
Bei den Sparkassen hießen die Verträge "S-Prämiensparen flexibel". Zur jährlichen Verzinsung enthielten die Verträge dann Regelungen wie:
„Es gilt der jeweils im Preisaushang bekanntgegebene Zinssatz (derzeit 4,250 % p.a.).“
„Die Spareinlage wird variabel, z. Zt. mit 3,5 % verzinst“
„Die Sparkasse zahlt neben dem jeweils gültigen Zinssatz, z.Zt. 3,75 % …eine Prämie“
Die daneben noch zu zahlende Prämie wurde in den Vertragsformularen oder Sparbüchern in einer Prämienstaffel angegeben:
„Die S-Prämie beträgt nach
3 Jahren 3 %
4 Jahren 4 %
5 Jahren 6 %
6 Jahren 8 %
7 Jahren 10 %
8 Jahren 15 %
9 Jahren 20 %
10 Jahren 25 %
11 Jahren 30 %
12 Jahren 35 %
13 Jahren 40 %
14 Jahren 45 %
und ab dem 15. Sparjahr 50 %"
Verträge der Volksbanken und Raiffeisenbanken
Bei den Volksbanken und Raiffeisenbanken hießen die Verträge "Vorsorgeplan flexibel". Zur Verzinsung hieß es:
"Die Bank zahlt einen zweistufigen Sonderzins, der jeweils aus dem Preisaushang ersichtlich ist."
Weiter hießt es dann:
„Zusätzlich gewährt die Bank aus den pro Kalenderjahr eingezahlten Sparraten Prämien in Höhe von
5 % ab Beginn des 3. Jahres nach Vertragsabschluss
10 % ab Beginn des 6. Jahres nach Vertragsabschluss
20% ab Beginn des 10. Jahres nach Vertragsabschluss
30% ab Beginn des 15. Jahres nach Vertragsabschluss
40% ab Beginn des 20. Jahres nach Vertragsabschluss"
Unwirksame Zinsänderungsklausel
Schon 2004 entschied der Bundesgerichtshof, dass eine Klausel in einem Sparvertrag, wonach sich die Höhe der Sparzinsen nach dem jeweiligen Aushang richtet, unwirksam ist. Denn für den Sparer ist überhaupt nicht nachvollziehbar, wann und wie sich die Zinsen jeweils ändern. Er ist insbesondere nicht davor geschützt, dass die Sparkassen oder Banken die Zinsen willkürlich und zu seinen Lasten ändern.
Der BGH entschied daher schon vor Jahren, dass die Zinsen für Verträge, die solche unwirksamen Klauseln enthalten, neu zu berechnen sind. Dabei muss dann im Nachhinein ein Referenzzins ermittelt werden, an dem orientiert die Zinsen von Beginn an nachzuberechnen sind.
Die Sparkassen und Banken haben die Rechtsprechung des BGH über viele Jahre einfach ignoriert und willkürlich die Zinsen berechnet. Seit einigen Jahren kündigen sie allerdings tausendfach die Verträge. Viele Sparer ließen bei einem Rechtsanwalt oder einer Verbraucherzentrale prüfen, ob die Kündigungen rechtens sind. Sie erfuhren dann, dass die Zinsen über die Jahre von den Sparkassen und Banken falsch berechnet wurden. Die Verbraucherzentralen haben Sachverständige mit der Ermittlung eines geeigneten Referenzzinses und einer kostengünstigen Nachberechnung der Verträge beauftragt. Die Berechnungen ergaben in den meisten Fällen Zinsnachforderungen von mehreren Tausend Euro, je nach Volumen und Laufzeit der Prämiensparverträge ergaben sich auch erheblich höhere Zinsforderungen.
Einige Sparkassen und Banken haben sich auf die Forderungen hin und nach Vorlage der Berechnungen mit ihren Kunden geeinigt und eine angemessen Nachzahlung angeboten. Viele Sparkassen und Banken haben jedoch die Ansprüche ignoriert und behauptet, sie hätten alles korrekt berechnet.
Inzwischen haben Verbraucherzentralen gegen einige Sparkassen in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Bayern jeweils Musterfeststellungsklagen erhoben. Viele Tausend Sparer klagen auch individuell gegen ihre Sparkasse oder Bank.
Rechtslage
Inzwischen sind bundesweit zahlreiche Gerichte mit den individuellen Klagen der Sparer und mit den Musterfeststellungsklagen wegen der unwirksamen Zinsänderungsklauseln befasst. Zunächst hatte das OLG Dresden gegen mehrere Sparkassen entschieden, dass die Zinsänderungsklauseln unwirksam sind und Ansprüche auf Zinsnachzahlungen noch nicht verjährt sind. Das hat der BGH inzwischen mit Urteil vom 06.10.20221 auch bestätigt. Leider hat er in dem Verfahren nicht darüber entschieden, ob die Berechnungen der Verbraucherzentralen zutreffend sind. Der BGH vertritt die Auffassung, jedes Gericht müsse selbst ermitteln, welcher Referenzzins sich eigne und für die Berechnungen zugrunde zu legen sei, gegebenenfalls mit Hilfe eines Sachverständigengutachtens.
Inzwischen steht daher fest, dass die Klauseln unwirksam sind und die Verträge neu zu berechnen sind. Leider führt das immer noch nicht dazu, dass die Sparkassen und Banken flächendeckend freiwillig Zahlungen erbringen. Sie streiten nun weiterhin heftig vor Gericht darüber, welcher Referenzzins sich eignet für die Neuberechnung. Dabei spekulieren sie darauf, dass Sachverständige zu einem Ergebnis kommen, das für sie günstig ist. Die von den Verbraucherzentralen beauftragten Gutachter hatten sich an langjährigen festverzinslichen Anlagen mit einer Laufzeit von 9 bis 10 Jahren orientiert und geglättete Zinssätze zugrunde gelegt. Einige von den Gerichten beauftragte Gutachter führen nun festverzinsliche Anlagen mit kürzeren Laufzeiten und ohne Glättung an. Die Ergebnisse können je nach Referenzzins sehr unterschiedlich ausfallen. Es ist natürlich klar, dass die Sparkassen und Banken solche Berechnungen bevorzugen und begrüßen, die zu niedrigeren Nachzahlungsforderungen führen. Inzwischen werden die Sparer mit ihren berechtigten Forderungen weiterhin hingehalten.
Verjährung droht
Aber Vorsicht! In vielen Fällen, bei denen die Verträge schon vor längerer Zeit gekündigt wurden, droht die Verjährung zum Jahresende. Sparer, die sich ihre ZInsnachzahlungsansprüche sichern wollen, sollten ihre Ansprüche prüfen lassen und die erforderlichen Maßnahmen - ggf. mit Hilfe eines Rechtsanwalts - einleiten.
Bei diesen Fragen und bei vielen anderen zum Thema Kreditvertrag oder Bankvertrag stehe ich Ihnen mit anwaltlichem Rat zur Verfügung. Für eine kostenlose Erstanfrage wenden Sie sich bitte an mich
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