Auf die Motive für den Widerruf kommt es nicht an
Dabei hat der BGH mit seiner Entscheidung vom 09.01.2018 klargestellt, dass es für die Frage des Widerrufs völlig unerheblich ist, aus welchen Motiven heraus der Darlehensnehmer widerruft. Das OLG Hamburg hatte 2016 das Widerrufsrecht des Klägers verneint, obwohl die Belehrung der DKB-Bank falsch war. Die beklagte Bank hatte sich nämlich darauf gestützt, dass es dem Darlehensnehmer nur darum gegangen sei, eine günstigere Anschlussfinanzierung zu aktuellen Konditionen zu erhalten. Das sei Vertragsreue, die durch den Zweck der Regelungen über das Widerrufsrecht nicht geschützt sei. Das OLG Hamburg folgte dieser Auffassung und erachtete den Widerruf als rechtsmissbräuchlich.
Der BGH entschied nun, dass diese Auffassung falsch ist. Die Gründe, die den Darlehensnehmer veranlassen, sein Widerrufsrecht wahrzunehmen, sind unerheblich. Es kommt auch nicht darauf an, wie gravierend der Fehler der Belehrung ist. Die Sache wurde an das OLG Hamburg zurückverwiesen, das nun klären muss, ob andere Gründe vorliegen, die den Einwand des Rechtsmissbrauchs gleichwohl begründen.
Das Widerrufsrecht hängt davon ab, ob die AGB angeheftet waren
Die zweite heute veröffentlichte Entscheidung vom 05.12.2017 betrifft eine Fallkonstellation aus der Zeit nach dem 10.06.2010, bei der auch heute noch ein Widerruf grundsätzlich möglich ist. Der Kreditnehmer hatte wegen der vorzeitigen Ablösung seiner Immobilienfinanzierung eine Vorfälligkeitsentschädigung zu zahlen, die er nach Erklärung des Widerrufs von der Sparkasse zurückforderte.
Der BGH kam zwar – anders als die Vorinstanz - zu dem Ergebnis, dass die Belehrung in dem von der beklagten Sparkasse verwendeten Fließtext ausreichend deutlich hervorgehoben ist. Allerdings war der Widerruf gleichwohl noch möglich, wenn die Widerrufsfrist noch nicht zu laufen begonnen hatte. Die Sparkasse hatte in der Belehrung zutreffend ausgeführt, dass die Frist erst zu laufen beginnt, wenn der Kreditnehmer alle Pflichtangaben erhalten hat, dann aber in Klammern auch Angaben genannt, die gesetzlich nicht gefordert waren, wie „Angaben zum einzuhaltenden Verfahren bei der Kündigung des Vertrages, Angabe der für die Sparkasse zuständigen Aufsichtsbehörde“. Es handelt sich dann aber um zusätzliche Bedingungen für den Beginn der Widerrufsfrist. Wenn die Angaben in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen enthalten waren, konnte die Frist nur dann beginnen, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen auch tatsächlich an den Kreditvertrag angeheftet waren. Denn das war so im Kreditvertrag angegeben. Das OLG München, wird nun diesen Punkt noch klären müssen.
Die Entscheidung zeigt einmal mehr, dass es für die Frage, ob ein Widerruf noch möglich ist oder nicht, auf die jeweiligen Formulierungen der Verträge und Texte ankommt und nur geringfügige Abweichungen zu völlig anderen Ergebnissen führen können.
Betroffene Darlehensnehmer, die aus ihrer Immobilienfinanzierung und damit verbundene Zinsbelastungen aussteigen wollen, sollten prüfen lassen, ob ein Widerruf noch möglich ist. Gleiches gilt für Darlehensnehmer, die ihre Finanzierung vorzeitig beendet haben und eine hohe Vorfälligkeitsentschädigung zahlen mussten.